Stiftung Deutsche Depressionshilfe:

Depressionen erforschen - Hilfe für Betroffene - Wissen

An Depressionen kann jeder erkranken

In Deutschland leiden aktuell etwa 5% aller Menschen (ca. 4 Millionen) an einer behandlungsbedürftigen Depression. Etwa dreimal so groß ist die Zahl derjenigen, die irgendwann im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken: Bezogen auf die ganze Lebensspanne liegt das Risiko an einer Depression zu erkranken bei ca. 15% - 18%. Immerhin jeder 5. bis 6. Mensch muss daher damit rechnen, einmal im Verlauf seines Lebens mit dieser Erkrankung konfrontiert zu werden.

Depressionen verlaufen meist in Form von Krankheitsphasen (Episoden), die Wochen bis Monate, manchmal auch Jahre anhalten können. Vor allem wenn sie unbehandelt bleiben, können sie rezidivierend immer wieder auftreten und einen chronischen Verlauf nehmen.

 

Wenn das Leben sinnlos erscheint ...

Erschreckend auch eine traurige Folge der Depression: Viele depressive Menschen fühlen sich nutzlos oder schämen sich für Ereignisse, die anderen Menschen gar nicht auffallen. Sie entwickeln dabei häufig ein Gefühl der eigenen Wert- und Nutzlosigkeit und sehen in ihrem Leben keinen Sinn mehr. In einer solchen Situation erscheint dem Betroffenen der Wunsch, einfach nicht mehr zu existieren, häufig als einziger Ausweg. Diese Selbstmordgefahr, in der Fachsprache als Suizidgefahr bezeichnet, ist eine häufige, früher oder später auftretende Begleiterscheinung einer Depression. Sie ist ein hohes Risiko für den Patienten. Denn bei der überwiegenden Mehrzahl der rund 12 000 Deutschen, die sich jedes Jahr das Leben nehmen, liegt eine Depression vor.

Dabei übersteigt die Zahl der Selbstmorde die der jährlichen Verkehrstoten deutlich. In der Altersgruppe der 15- bis 35-jährigen steht der Suizid nach Unfällen bereits an zweiter Stelle aller Todesursachen. Experten schätzen darüber hinaus, dass die Zahl ernsthafter Suizidversuche um das 10-15 fache höher liegt als die der vollzogenen Selbstmorde. Gerade deswegen ist der Gang zum Arzt so wichtig: Nur er kann feststellen, ob jemand wegen eines Lebensproblems eine Phase der Trauer oder Enttäuschung durchmacht oder ob er an einer Depression erkrankt ist.

 

Frauen sind öfter depressiv

Frauen erkranken zwei- bis dreimal so oft an einer Depression wie Männer. Genau weiß man den Grund für diesen immer wieder durch Studien bestätigten Befund nicht. Man vermutet aber, dass hierfür eine ganze Reihe von Gründen verantwortlich sind. Neben der bekannten Tatsache, dass Frauen eher über ihre Ängste und Stimmungsschwankungen sprechen und daher bei ihnen eine Depression eher erkannt wird als bei Männern, vermuten Wissenschaftler auch biologische Ursachen. So sind Frauen hormonell bedingt zu bestimmten Zeiten wie vor der Menstruation oder nach einer Geburt anfälliger für eine Depression. Ob Frauen während oder nach der Menopause (Wechseljahre) anfälliger für eine Depression sind, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Diese größere Anfälligkeit für Depression während der Menopause könnte eventuell auf dem damit verbundenen Östrogenmangel beruhen. Auch die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft spielt sicher eine Rolle. So müssen erwerbstätige Frauen oft die Doppelbelastung von Hausarbeit und Erwerbstätigkeit meistern, während Frauen, die zu Hause bleiben, nicht selten mit dem negativen Image der "Nur-Hausfrauenrolle" zu kämpfen haben.

 

Auch Kinder können schon depressiv werden

Ging man früher davon aus, dass Kinder und Jugendliche kaum an Depressionen leiden, weiß man heute, dass dies nicht stimmt. Forscher bezeichnen gerade die Zunahme an kindlichen Depressionen als alarmierend. Auch im Alter ist man vor depressiven Störungen nicht gefeit. Besonders Männer kommen mit einer Depression eher schlecht zurecht, wie die stark ansteigende Selbstmordrate bei Männern ab 75 Jahre zeigt.

 

Depressionen: Doppelt so häufig bei Diabetes

Im Zusammenhang mit Diabetes ist das Risiko deutlich erhöht, zugleich an einer Depression zu erkranken. Diese erhöhten Erkrankungszahlen finden sich bei unterschiedlichen Erhebungsmethoden (Fragebogen oder Interview) sowie bei verschiedenen Stichproben. Heute geht man daher davon aus, dass Depressionen bei Menschen mit Diabetes etwa doppelt so häufig vorkommen wie bei Menschen ohne Diabetes. Mindestens jeder 10. Diabetiker ist somit aktuell davon betroffen. Die Untersuchungen zeigen auch, dass das Auftreten einer Depression häufig mit einer schlechteren Stoffwechseleinstellung, mehr Komplikationen und einer deutlich reduzierten Lebensqualität verbunden ist. Besonders bei Menschen mit Folgeerkrankungen ist die Depressionsrate erhöht.

Aus diesem Grund wird übereinstimmend in den Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft wie auch in den Empfehlungen der Amerikanischen Diabetes Gesellschaft gefordert, dass bei jedem Menschen mit Diabetes in regelmäßigen Abständen geprüft wird, ob eine Depression vorliegt.

Depression: Gleichermaßen ein körperliches und seelisches Problem

Anders als bei einem Beinbruch lässt sich eine Depression nur selten auf eine einzelne Ursache zurückführen. Meist führt ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zur Erkrankung. Die früher weit verbreitete Ansicht, dass Depressionen entweder eher körperlich (endogene Depressionen) oder eher psychogen bzw. psychoreaktiv (neurotische Depressionen) bedingt seien, hat die Wissenschaft inzwischen revidiert. Am Anfang einer Depression kann ein seelisches Problem, z.B. die Trauer um einen Todesfall stehen. Richtig ist aber auch, dass sich depressive Stimmungen auf Stoffwechselstörungen im Gehirn zurückführen lassen. Umgekehrt ist bekannt, dass bestimmte körperliche Erkrankungen auch psychische Symptome und Folgen haben. Dies erklärt wahrscheinlich auch die erhöhte Depressionsrate bei Menschen mit Diabetes. Depressionen können daher gleichermaßen sowohl von der körperlichen, biologischen Seite her als auch von der psychischen und psychosozialen Seite her erklärt und behandelt wer