Angst vor Folgeerkrankungen des Diabetes
Viele Menschen mit Diabetes fühlen sich von Folgeerkrankungen massiv bedroht, über die sie von den Ärzten bei der Diagnose des Diabetes erfahren. Sie reagieren ganz unterschiedlich auf diese Bedrohung. Einige sind ständig besorgt, bemühen sich sehr um eine gute Stoffwechsellage, schränken sich wegen des Diabetes stark ein oder resignieren sogar; andere kämpfen gegen die Angst an, verharmlosen oder leugnen die Gefahren und versuchen, sich in ihrem Lebensstil nicht von diesen Gefahren beeinflussen zu lassen. Viele Menschen finden persönliche Wege, sich sowohl der Angst zu stellen als auch, sie zu vermeiden, wenn es für sie wichtig ist.
Treten Folgeerkrankungen auf, so wird das Leben erschwert: Sehbehinderungen schränken die Orientierung ein, Fußerkrankungen behindern die Bewegungsmöglichkeiten, Nierenerkrankungen erhöhen die therapeutischen Anforderungen an die Betroffenen, besonders wenn sie der Dialyse bedürfen. Häufig nehmen bei Folgeerkrankungen die Ängste zu und es kommt zu depressiven Reaktionen. Es ist daher auch für die seelische Gesundheit wichtig, Folgeerkrankungen nach Möglichkeit zu vermeiden und sich, wenn es trotzdem zu Folgeerkrankungen gekommen ist, auf sie einzustellen und mit ihnen leben zu lernen.
Wie jemand auf die Risiken oder das Auftreten von Folgeerkrankungen reagiert, hängt von vielen Faktoren ab. Das Lebensalter, die Lebenssituation, auch der bisherige Umgang mit Belastungen spielen dabei eine Rolle. Was manche Jugendliche ignorieren und junge Erwachsene oft schockiert, kann für ältere Menschen mit Typ-2-Diabetes eine Veränderung sein, die bei mehreren anderen, gleichzeitigen Erkrankungen und damit verbundenen Einschränkungen kaum noch ins Gewicht fällt.
Ängste gehören zum Leben
Angst ist eine normale Gefühlsreaktion auf Gefahren, die man schwer abschätzen kann und von denen man nicht weiß, wie man sie vermeiden oder sich gegen sie wehren kann. Insofern ist Angst vor Folgeerkrankungen ein normaler Vorgang. Man weiß zwar, dass man durch eine gute Diabetestherapie die Risiken mindern kann, aber einen sicheren Erfolg kann einem niemand garantieren. Die Angst wird bei chronischen Erkrankungen nicht von jedem Menschen gleich empfunden. Die meisten sagen, im Hintergrund sei sie stets vorhanden. In bestimmten Situationen tritt sie eine Zeit lang mehr in den Vordergrund (z. B vor der Routinekontrolle beim Augenarzt) und nimmt dann von allein wieder ab. Diese Form der gesunden Angst kann man gut mit nahe stehenden Menschen besprechen, auch in einer Selbsthilfegruppe oder mit Mitgliedern von Diabetesteams.
Erst wenn diese Angst so stark und dauerhaft wird, dass sie das Leben bestimmt und einschränkt, sollte sich der Betroffene psychologische oder psychotherapeutische Hilfe suchen. Dies wäre z. B. der Fall, wenn ein Mensch immer wieder an schlimme Folgeerkrankungen denkt, wenn er sehr oft zum Arzt geht, um sich zu versichern; oder auch, wenn er aus Angst sehr häufig den Blutzucker testet, wenn er sein Essen sehr stark einschränkt oder jede Speise pedantisch abwiegen muss. Dies kann auch eine Zwangserkrankung sein, die enge Beziehungen zur Angst hat, und die ein halbwegs normales Leben oft unmöglich macht. In all diesen Fällen können Psychotherapeuten, die sich mit Diabetes auskennen, Hilfe leisten. Die Arbeitsgemeinschaft Psychologie und Verhaltensmedizin hat ein Verzeichnis von Psychologen mit einer Zusatzausbildung für Probleme mit dem Diabetes.